„Kein Stillstand durch Pandemie“
Artikel von Matthias Schäfer (Westfalenpost)
Expertengespräch: Schützenoberste sehen keinen Motivationsbruch in Bruderschaften und Vereinen. Keine Austrittswelle in Corona-Zeit. Viele Jubiläen sind jetzt nachzufeiern
Arnsberg/Sundern Die Schützenfeste im Sommer 2022 können kommen. Das ist der einhellige Tenor der Expertenrunde zum Schützenwesen im Rahmen der Eröffnung der neuen WP-Redaktion an der Neheimer Hauptstraße 22-24. Das versicherten die Teilnehmer dem Redakteur und Moderator Martin Schwarz während des einstündigen Gesprächs über die drängenden Zukunftsthemen der heimischen Schützen.
Schützenfeste 2022
Thema war nach dem fast zweijährigen Ausfall von Schützenfesten in der Region durch die Corona-Pandemie die Motivation in den Bruderschaften und Vereinen. „Wir gehen für 2022 das Fest an, wie wir es auch 2019 angegangen sind, und das mit Weitsicht“ , erklärte dazu Oberst Christian Draeger von den Neheimer Schützen.
Man müsse die Feste flexibel planen und Verträge machen, die alle Eventualitäten enthielten. „Man wird nicht an die Wand gestellt, wenn das Fest ausfallen sollte“, verwies Draeger auf die veränderten Rahmenbedingungen seit der Pandemie.
Das unterstrichen auch Sunderns Oberst Marc Puppe und der Hauptmann der Arnsberger Bürgerschützen, Jörg Werdite: „Wir planen zu 100 Prozent so wie die Neheimer. Was dann konkret an unseren Festen gilt, darauf müssen wir uns einstellen.“ Eine Herausforderung seien aber in Arnsberg die Engpässe bei den Zeltbauern und die fehlenden Musiker in den Kapellen.
Hilfe bei den Konzepten gibt es von Brauereien, die inzwischen eigene Hygienebeauftragte haben und auch dazu informieren.
Kandidatensuche
Kein Problem sahen die Diskutierenden in der Suche nach Königsaspiranten: „Ich bin seit drei Jahren König und ich bin mir sicher, dass wir einen König 2022 und Nachfolger für mich finden werden“, zeigte Jörg Werdite großen Optimismus. Und auch Kreisoberst DiedrichWilhelm Dönneweg, der 59 Vereine und Bruderschaften vertritt, betonte: „Das ist kein Problem. Es gibt so viele, die sich bewerben. Da mache ich mir im Kreisschützenbund Arnsberg keine Sorgen.“
Ehrenamt/Mitgliederzahlen
Zusätzliche Einlasskontrollen sind ein Kostenfaktor, denn das können nicht allein die Bruderschaften und Vereine stemmen: „Es muss am Eingang eine Security stehen, um zu kontrollieren. Diese muss dann von unseren Leuten unterstützt werden“ , sieht Marc Puppe die Situation. Aber, und das ist eine gute Botschaft, es gibt derzeit genug Menschen, die sich ehrenamtlich in den Bruderschaften engagieren wollen. Das unterstrich auch Jörg Werdite: „Es gab bei uns keine Austrittswelle durch Corona.“ In Neheim verzeichnete Oberst Draeger eher einen Zuwachs: „Vor allem haben wir es geschafft, durch die digitalen Möglichkeiten wie Videokonferenzen Kontakt zu allen zu halten. Und auch schnell umzuschalten auf Präsenz.“ Ein gutes Beispiel sei das Kürbisschnitzen im vergangenen Jahr, wo der Vorstand die Kinder persönlich mit den Feldfrüchten versorgt hätte. Und auch der digitale Schnadegang sei ein Erfolg gewesen. Fazit von Draeger: „Der Motor läuft, er muss nicht angeworfen werden, auch wenn es vielen so schien, als wäre alles still. Wir haben im Hintergrund gearbeitet.“
Dies sei auch in puncto Schützenfest so: „Die Verträge sind in Vorbereitung.“
Nachwuchssorgen meldeten aber bedingt die Sunderner und Bruchhausener Schützen an. Uwe Schulte: „Der Vorstandswechsel hat für Lücken bei den Nachbesetzung gesorgt.“ In Sundern zeigte sich, dass meistens an Schützenfest viele junge Leute eintreten: „Wir hoffen das im kommenden Jahr wettzumachen“ , so Marc Puppe.
Neue Ideen
Bei neuen Veranstaltungsideen, die nun auch zwingend kommen müssten, sehen die Obristen und Hauptmänner aber keine Probleme: „Die Menschen sind zu begeistern“, konstatiert Jörg Werdite, das hätte die Veranstaltung der Bürgerschützen im August an den Ruhrterrassen gezeigt. „Wir müssen sehen, da das E-Bike boomt, ob wir nicht auch mal Radtouren anbieten“, so der Arnsberger Hauptmann.
Das Thema Familie ist bei allen Bruderschaften virulent: „Bei uns hat das die Kinderschützenfestgemeinschaft gut vorgelebt. Da waren alle Altersklassen schon immer eingebunden“, sieht Marc Puppe in Sundern die Lage. Unterstützung habe es immer gegeben, erklärt Christian Draeger, ob dies beim Stockbrotbacken der Kinderkompanie oder bei der Flutkatastrophe war. „Wir sind eine Solidargemeinschaft“, bringt es Diedrich-Wilhelm Dönneweg auf den Punkt. Das bestätigt auch Marc Puppe: „Am Fluttag im Juli waren plötzlich 30 Leute in der Schützenhalle, um Wasser herauszuschieben.“
Frauen
Das Thema Frauen in der Bruderschaft wird zum Teil schon erfolgreich umgesetzt (Neheim), in Bruchhausen ist es, so Uwe Schulte, „ein spannendes Thema“. „Das müssen wir offen diskutieren. Wir müssen da über Lösungen sprechen, das bedarf aber auch eines organisatorischen Umbaus“ , sieht er in die Zukunft. In Sundern und Bruchhausen, aber auch bei vielen weiteren Bruderschaften, so Kreisoberst Dönneweg, gebe dies die Satzung nicht her. Gemeinsam sehen die Obristen aber, dass das in der Regel kein Thema ist. „Die Frauen sind ohnehin eingebunden, sonst wären wir heute Abend nicht hier.“
Neuheiten/Extras
Das Jahr 2022 lässt hoffen: „Wir haben da gewisse Überlegungen, neue Dinge zu probieren, aber wir müssen abwarten, bis wir sie angesichts der jetzigen Lage konkretisieren“ , sagt Marc Puppe. In Bruchhausen und Niedereimer geht es um das Stadtschützenfest, das zu organisieren ist. „Und es gibt einen Staus an Jubiläen, die nachgefeiert werden sollen“, erinnert der Kreisoberst: Von 59 Vereine hätten 35 ein Jubiläum gehabt oder es stehe bevor: Eine riesige Aufgabe, denn 1920/21 waren Gründerjahre.
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